Was begrenzt die Produktion einer Firma?

11.04.2024

Die Kapazitätsauslastung der Unternehmen in Deutschland ist aktuell sehr niedrig. Zahlen aus den USA zeigen, dass normalerweise die begrenzte Nachfrage die Produktion drosselt. Das ist wahrscheinlich auch in Deutschland so.

Die Kapazitätsauslastung der deutschen Industrie ist auf einem Wert, der so niedrig ist wie seit 30 Jahren nicht mehr (siehe unten). In Quartal 1/2024 liegt er bei 81,3. Aus der niedrigen Kapazitätsauslastung resultiert auch ein niedriges Produktivitätswachstum, denn in der Industrie gibt es hohe Fixkosten, welche auf den Output aufgeteilt werden. Je mehr produziert wird, desto geringer ist der Fixkostenanteil, der auf eine Einheit Output entfällt. Wenn also in Zwickau jede Minute ein Elektroauto bei VW vom Band rollt, dann sind diese billiger, als wenn nur ein Elektroauto pro Tag vom Band rollt.

Die Vertreter der Industrie haben sich nun mit dem Kanzler getroffen und ein Reformpaket vorgelegt. Die gemeinsame Erklärung enthält 10 Punkte:

  1. Konkurrenzfähige Strompreise

  2. Schneller bei Planungs- und Genehmigungsverfahren

  3. Einfacher werden – Entbürokratisierung
  4. Prioritäten setzen – in Infrastruktur investieren

  5. Steuerreform angehen

  6. Fachkräftesicherung meistern

  7. Sozialversicherungen zukunftsfest machen

  8. Gesetzliche Rentenversicherung zukunftssicher halten

  9. Bürokratiearmes Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

  10. Offene Märkte als Wachstumsschub

Offensichtlich fehlt bei der Liste der makroökonomisch gesehen wichtigste Punkt: eine Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen durch eine deutliche Erhöhung der Staatsausgaben. In Punkt 4 wäre Platz für eine Erhöhung der Staatsausgaben, aber dieser Punkt ist so wichtig, dass er sehr viel deutlicher benannt werden müsste. Sofern die Nachfrage nicht steigt, sind alle anderen Punkte zwar weiterhin relevant, würden aber die Bremse bei den Unternehmen nicht lösen.

Für die USA gab es jüngst eine interessante Abbildung zu der Frage, warum die Produzenten ihre Kapazität nicht ausschöpfen (Abbildung oben). Die gelbe Linie repräsentiert den Mangel an Nachfrage, sie liegt in normalen Zeiten irgendwo zwischen 75 und 80 Prozent. Knappheit von Arbeit (grün) und Materialien (rot) ist in normalen Zeiten nur für wenige Unternehmen ein Problem, in der Pandemie aber sehr wohl. Die Abbildung zeigt deutlich, dass die private Wirtschaft in normalen Zeiten durch die Konsumausgaben begrenzt ist, erweitert um die Staatsausgaben, die Exporte und die Nachfrage nach Kapitalgütern (für Investitionen).

Die wirtschaftspolitische Konstellation in Deutschland lässt darauf schließen, dass das Land bis auf weiteres in einer Rezession verharren wird. Der Finanzminister fordert Kürzungen des Bundeshaushalts, die Unternehmen erkennen dies aber nicht als den Grund für Rezession, Wachstumsschwäche und schwaches Produktivitätswachstum. Dadurch gibt es gerade keine Perspektive für eine Normalisierung der Wirtschaftspolitik. Während andere Länder mit steigenden Staatsausgaben davonziehen, wird Deutschland im internationalen Vergleich (weiter) zurückfallen. Der Grund liegt im Mangel an Nachfrage, nicht an angebotsseitigen Problemen. Die gibt es woanders auch und trotzdem brummt der Laden.