Warum schrumpft die deutsche Wirtschaft?

29.08.2023

Deutschland befindet sich in der Rezession und es scheint so, als wenn es bis Jahresende so weitergeht. Warum schrumpft die deutsche Wirtschaft? Während die Bundesregierung angebotsseitige Gründe sieht, halten wohl die meisten ÖkonomInnen die Nachfrageseite für maßgeblich.

Das arbeitgebernahe Institut der Wirtschaft (IW) schätzt die zweite Jahreshälfte laut Spiegel pessimistisch sein:

Die Wirtschaftsleistung werde deshalb zum Jahresende 2023 gerade einmal auf dem Niveau von Ende 2019 liegen, prognostizierten die IW-Experten. Für das 3. und 4. Quartal 2023 rechnen sie mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung.

Da wir schon in den ersten beiden Quartalen in einer Rezession steckten, fällt die Prognose entsprechend schlecht aus. Die AutorInnen des IW schreiben zudem, dass der private Konsum zur Konjunkturbremse werde. Dies verwundert nicht, denn bei den stark steigenden Preisen und den schwach steigenden Löhnen können die KonsumentInnen nicht mehr das kaufen, was sie letztes Jahr gekauft hatten – ihnen fehlt dafür schlicht das Einkommen. Eine Erhöhung der Verschuldung kommt für viele nicht in Frage, weil sie nicht wollen oder können. Eine Erhöhung der Arbeitszeit ist für viele nicht möglich, da sie Kinder haben oder Angehörige betreuen oder eine bezahlte zusätzliche Arbeit schlicht nicht vorhanden ist. 

Aktuell hat Deutschland etwa 2,5 Mio. Arbeitssuchende. Darunter befinden sich sicherlich auch viele unfreiwillig Arbeitssuchende, die keine Stelle finden. Zwar suchen Unternehmen in einigen Sektoren aktuell händeringend nach Arbeitskräften, aber vielen Arbeitssuchenden fehlt die richtige Qualifikation. Finanzminister Christian Lindner hingegen vertritt die These, dass die Arbeitsanreize fehlen. Bei mangelnder Qualifikation ist es aber wenig wahrscheinlich, dass an dieser These etwas dran ist. Der sogenannte „Mismatch” (Nichtübereinstimmung) ist aber nicht generell die Erklärung für die Höhe der Arbeitslosigkeit. Wenn es mehr Nachfrage nach Arbeitskräfte in allen Bereichen gäbe, dann würde auch die Arbeitslosigkeit sinken.

Die Erklärung für die Höhe der gesamtgesellschaftlichen Arbeitslosigkeit liegt daher sehr wahrscheinlich auf der Nachfrageseite. Die Unternehmen stellen Arbeitskräfte ein, um zu produzieren. Sie können aber nur das produzieren, was sie auch verkaufen können. Wieviel können sie verkaufen? Das hängt davon ab, wie viel Geld die KonsumentInnen ausgeben. Je höher die Einkommen sind (Löhne), desto höher sind wohl auch die Konsumausgaben. Aber auch der Staat fragt Güter und Dienstleistungen nach. 

Die Abbildung oben zeigt die Konsumausgaben des Staates in der langen Frist. Die blaue Linie bildet die tatsächlichen Werte ab, die rote Linie den Trend. Seite den 2000er Jahren hat der Staat unterdurchschnittlich viel Geld ausgeben für staatlichen Konsum. Dieser wird bei Wikipedia beschrieben als Ausgaben in den folgenden Bereichen:

  • Schulwesen,
  • Gesundheitswesen,
  • Soziale Sicherung (Transferleistungen),
  • Sport und Freizeit,
  • Kultur,
  • Wirtschaft und Politik.

Erst während der Corona-Pandemie hat der Staat den „Konsum” wieder hochgefahren auf den alten Trend, weil die Ausgaben im Gesundheitswesen stark anstiegen und auch Kurzarbeitergeld gezahlt wurde. Dadurch wurde eine Wirtschaftskrise vermieden. Umso unverständlicher ist der aktuelle Sinneswandel der Bundesregierung, die nun eine Kürzungspolitik durchführt. Es ist gerade die Kürzung der staatlichen Konsumausgaben, die unsere Wirtschaft jetzt in eine Abwärtsspirale reisst. Dies erstaunt, denn eine Bundesregierung, die durch ihre Wirtschaftspolitik zusätzliche Arbeitslosigkeit und sinkenden Absatz (und damit sinkende Gewinne in der Privatwirtschaft) erzeugt, wird im Wahljahr 2024 wohl genau dafür abgestraft werden, denn die WählerInnen wollen steigende Löhne, Arbeitsplätze und eine wirtschaftliche Perspektive.

Wie es anders geht, zeigt ein Blick in die USA (auch wenn die Reallohnentwicklung besser sein könnte), wo Präsident Biden den WählerInnen eine alternative Wirtschaftspolitik vorstellt (Bidenomics), die in den USA zu steigender Beschäftigung führte: