Steuern und die Boston Tea Party

16.12.2023

Am 16. Dezember 1773, also heute vor 250 Jahren, kam es zur Boston Tea Party. Während vielen bekannt ist, dass es hier um Steuern ging, welche die amerikanischen Siedler in den Kolonien an das Königreich Großbritannien zahlen mussten, ist es weitgehend unbekannt, dass es hier auch um Währungsrecht ging.

Wer kennt sie nicht aus dem Geschichtsunterricht, die Boston Tea Party. Amerikanische Siedler verkleiden sich als „Indianer“ und kippen Tee in den Hafen, um gegen Steuern zu protestieren. Das Argument gegen Steuern: „No taxation without representation“. Allerdings funktionierte das „Empire“ der Briten natürlich genau so. Weniger bekannt sind die genauen Mechanismen, denn die Briten nutzten das Geldsystem, um die Realität zu verschleiern.

Eine Website der US-Regierung, die nicht mehr aktualisiert wird, schreibt dazu (eigene Übersetzung):

Das Ende des Krieges hatte auch eine Nachkriegsrezession mit sich gebracht, und britische Kaufleute begannen, die Bezahlung der Schulden zu verlangen, die die Kolonisten beim Kauf britischer Importe gemacht hatten. Außerdem verlangten sie die Zahlung in britischen Pfund Sterling und nicht in der Kolonialwährung, deren Wert eher fragwürdig war. Infolgedessen verabschiedete das britische Parlament 1764 den Currency Act, der den Kolonien die Ausgabe von Papiergeld verbot. Dadurch wurde es für die Kolonisten noch schwieriger, ihre Schulden und Steuern zu bezahlen.

Wesentlich war in Amerika, dass das Papiergeld der Kolonien verboten wurde und die Steuern nun in britischen Pfund zu zahlen waren. Schauen wir uns erst kurz an, wie das Papiergeld von Virginia funktionierte (1755-1774). Der US-Historiker Farley Grubb hat dazu ein lesenswertes Papier geschrieben, auf welchem die Ausführungen basieren. Virginia druckte das Virginia-Pfund, um zum Beispiel Brücken zu bauen. Dazu wurde eine Wahlsteuer („poll tax") eingeführt. Wer wählen wollte (männlich, weiß, Grundbesitz), der musste vorher Steuern bezahlen. Dies verwandelte die Großgrundbesitzer in Verkäufer, die dem Staat Güter und Dienstleistungen sowie Arbeit anboten. Nur so konnten sie an die Virginia-Pfund kommen, die eine Teilnahme an der Wahl erlaubte. 

Der Regierung von Virginia erlaubte das Papiergeld mit Steuerpflicht, sich mit Ressourcen zu versorgen, um den staatlichen Auftrag zu erfüllen. Wie sonst soll der Staat beispielsweise eine Brücke bauen, wenn er nicht die Ressourcen dafür hat? Steine, Arbeiter, Boote – all das muss der Staat bezahlen. Also nutzt er sein eigenes Papiergeld. Der Staat kann davon theoretisch unbegrenzt viel drucken und in Umlauf bringen, aber das macht er natürlich nicht, denn die Ressourcen sind begrenzt und die Ressourcen, die er verwendet, stehen den anderen nicht mehr zur Verfügung.

Steuern dienten nicht der Staatsfinanzierung, alles Geld wurde gedruckt. Das Geld der Steuerzahler wurde dann verbrannt. Farley zitiert einen anderen Autoren dazu wie folgt (eigene Übersetzung):

Daß ... hiermit ein Komitee ernannt wird, um mindestens zweimal in jedem Jahr ... alle solchen Wechsel oder Schatzanweisungen zu prüfen, die einlösbar sind ..., die in die Staatskasse eingezahlt wurden oder werden, in Erfüllung der Zölle und Steuern, die durch ein früheres Gesetz der Versammlung auferlegt wurden; und nach Erhalt der besagten Wechsel oder Anweisungen, soll das besagte Komitee dem Schatzmeister für die Zeit ein Zertifikat über den Betrag geben, der dem besagten Schatzmeister bei der Abrechnung seiner Konten helfen soll ... : Und der besagte Ausschuss wird hiermit aufgefordert und angewiesen, sobald er diese Bescheinigung ausgestellt hat, dafür zu sorgen, dass alle diese Wechsel verbrannt und vernichtet werden. (Hening Referenz Hening 1969, Bd. 7, S. 353, Kursivschrift im Original)

Als die Briten dann die Kolonialwährungen verboten und die Kolonien zwangen, Steuern in britischen Pfund an London zu bezahlen, hatte dies deutliche Auswirkungen. Erstens konnte die Kolonie Virginia jetzt nicht mehr Ressourcen an sich ziehen, um ihre Ausgaben zu erfüllen, indem sie eigenes Geld schöpfte. Damit wurde der Staat geschrumpft und seiner Möglichkeiten beraubt, beispielsweise nach eigenem Gutdünken öffentliche Infrastruktur zu bauen und zu betreiben. Nun musste er erst Steuern in britischen Pfund einziehen, bevor er Ausgaben tätigte! Woher kamen die britischen Pfund?

Diese konnten erworben werden, indem die Bürger britischen Handelsschiffen Güter verkauften. Exportgüter wie Tabak mussten dafür aufgegeben werden. Die Briten bekamen also für ihr Papiergeld Konsumgüter, mit denen der Lebensstandard in Großbritannien gehoben werden konnte (oder zumindest in London). Die Amerikaner bekamen britische Pfund, die sie an London zahlten. Der resultierende Ressourcenabfluss stieß den Amerikanern übel auf, es resultierte die Boston Tea Party, dann die Unabhängigkeitserklärung, dann der Krieg mit dem Sieg, unter gütiger Mithilfe der Franzosen. Der US-Dollar wurde eine Erfolgsgeschichte und nie wieder mussten die USA über Steuerzahlungen in ausländischer Währung einen Teil ihrer Ressourcen an das Ausland abtreten.