Steigende Staatsausgaben in der Eurozone
In den Pandemiejahren und danach sind die Staatsausgaben in der Eurozone gestiegen. Dadurch ist die Arbeitslosigkeit zurückgegangen. Steigende Staatsausgaben waren und sind ein Erfolgsrezept.
Fiskalpolitik umfasst Staatsausgaben und Steuereinnahmen. Die große Frage ist, wie der Staat Fiskalpolitik betreiben soll. Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, wie man makroökonomisch die Auswirkungen von Staatsausgaben einschätzt. Steigende Staatsausgaben können theoretisch alles mögliche verursachen, aber am besten fangen wir mit den Fakten an: mit Buchhaltung.
Jeder €, den der Staat ausgibt, führt zu einem € an nicht-staatlichen Einkommen. Die Ausgaben des Staates müssen immer zu Einnahmen des nicht-staatlichen Sektors führen. Dieser besteht aus Haushalten, Unternehmen und Ausland. Wenn die Staatsausgaben steigen, werden also Einkommen geschaffen. Wenn der Staat etwas kauft, was produziert wird für ihn, dann erzeugen staatlichen Ausgaben auch Arbeit, denn für die Produktion werden Arbeitskräfte benötigt. Von daher verwundert es nicht, dass in Zeiten steigender Staatsausgaben die Beschäftigung steigt.
Eine steigende Beschäftigung ist nicht schlecht, denn wer arbeitslos ist, produziert gar nichts. Eine Gesellschaft, in der Millionen Menschen zuhause sitzen statt zu arbeiten, ist keine gerechte Gesellschaft. Am Arbeitseinkommen hängt so viel, dass wir davon ausgehen können, dass Arbeitslose nicht frei sind, sondern vielfach Sachzwängen unterliegen. Zudem ist die Armutsquote sehr hoch. Wer arm ist, kann aber nicht frei sein, denn dafür müssen die Grundbedürfnisse abgedeckt sein.
Ein starker Hinweis darauf, dass diese Logik richtig ist, sind die Jahre 2010-2014. In der Abbildung oben sehen wir, dass die Beschäftigung sank. Etwa 5 Millionen Menschen wurden durch die Austeritätspolitik in die Arbeitslosigkeit gestoßen, es folgten entsprechende politische Reaktion. Vielfach war die Jugendarbeitslosigkeit sehr hoch, und Länder wie Italien haben nun faschistische Parteien in der Regierung. Für eine gerechte und freie Gesellschaft ist es also nötig, dass der Staat die Staatsausgaben so hoch hält, dass alle Menschen, die nach Arbeit suchen und Arbeiten können, auch einen Arbeitsplatz finden.
Der Einwand, dass die Staatsausgaben eine höhere Inflation erzeugen und Preisstabilität gefährden würden, ist empirisch nicht richtig. Die Inflationsraten sind heute wieder gering, nachdem die Energiepreise wieder zurückgegangen sind. Auch sehen wir in Länder mit größerem Staatssektor als in Deutschland keine höheren Inflationsraten, z.B. in Schweden, Finnland und Dänemark (siehe Abbildung unten). Während in Schweden die Inflationsrate etwas höher liegt als in Deutschland (vielleicht weil die schwedische Krone seit einigen Jahren abwertet), sind die Inflationsraten in Dänemark und Finnland deutlich niedriger.
Insofern sollte die Eurozone die Staatsausgaben weiter erhöhen, um mehr Beschäftigung zu schaffen. Leider passiert aktuell das Gegenteil. Die politischen Konsequenzen für diese Wirtschaftspolitik werden vielleicht schon im Juni bei den Europawahlen deutlich, vielleicht aber auch erst später in den entsprechenden nationalen Wahlen in den Ländern, in denen der Rückgang der Staatsausgaben besonders stark ausfällt.