Private Schulden sind "Amerikas Billionen-Bombe"

14.12.2022

Spiegel Online brachte jüngst einen Artikel, in dem die US-amerikanischen Staatsschulden als „Billionen-Bombe” bezeichnet wurden. Wer sich die Schulden in den USA genauer ansieht, erkennt schnell, dass die privaten und nicht die öffentlichen Schulden das Problem sind. 

Die Bundesregierung der USA tätigt ihre Ausgaben über ihre Zentralbank, die Fed (kurz für: Federal Reserve System). Dabei kommt es zu einer Art Hütchenspiel, denn die Bundesregierung muss, anders als in Deutschland, erst ein Guthaben auf dem Zentralbankkonto haben, bevor sie über die Fed Geld ausgeben darf. Wenn aber Banken die Staatsanleihen mit Zentralbankguthaben bezahlen, wie kommen sie dann an das Geld? Die Antwort ist einfach: die Fed muss entweder Zentralbankkredite gegen Sicherheiten anbieten oder in schwierigen Zeiten sonst wie die Händler am Primärmarkt unterstützen, damit diese auch die Milliarden Dollar haben, um die Staatsanleihen zu kaufen.

Fakt ist: das ganze ist in der Geschichte der USA immer gut gegangen. Nur die Schuldenobergrenze, welche eine politische Regel ist, hat ab und an mal dazu geführt, dass der Staat für einen kurzen Zeitraum weniger Geld ausgeben konnte als er wollte. Eine Zahlungsunfähigkeit der USA ist aber technisch nicht notwendig und politisch riskant. Welche Bundesregierung der USA will schon Tausende Milliarden Dollar an Wert vernichten, indem sie die Staatsanleihen nicht bedienen? Ein Zusammenbruch der Wirtschaft wäre vorprogrammiert.

Wenn der Staat aber de facto unbegrenzt und jederzeit Zahlungen tätigen kann, woher kommen dann Finanzkrisen? Die Antwort findet sich im nicht-staatlichen Sektor. Haushalte und Unternehmen sind keine Schöpfer des Geldes, im Gegensatz zur Fed. Sie sind Nutzer des Geldes und für sie ist die Menge an Geld beschränkt durch das Guthaben auf dem Konto plus den Überziehungsrahmen plus finanzielle und reale Vermögenswerte, welche sich veräußern lassen. Ein Ausfallrisiko existiert also dann bei Krediten an Unternehmen und Haushalte. Läuft die Wirtschaft schlecht und es kommt zu Massenarbeitslosigkeit, dann sinken die Einkommen von Unternehmen und Haushalten. Damit wird es schwieriger, Schulden zu bedienen. Es kann zu Zahlungsausfällen kommen. Wenn es massenhaft zu Zahlungsausfällen kommt, sprechen wir von einer Finanzkrise. Allerdings läuft die Wirtschaft in den USA gut, das Wachstums ist stabil.

Werfen wir der Vollständigkeit halber noch einen kurzen Blick in die Statistik. Die Schulden der Haushalte sind in der unteren Abbildung dargestellt. Im wesentlichen bestehen sie aus Immobilienkrediten. Diese sind in den letzten zehn Jahren weiter angestiegen, nachdem sie in der Immobilienkrise und den Jahren danach gefallen waren. Allerdings ist der Anstieg alles andere als spektakulär. Kreditkartenschulden und Konsumentenkredite gehören zu non-housing debt. Diese Schuldenkategorie hat sich aber zuletzt sehr wenig verändert.

Wenn wir auf die gesamte Wirtschaft schauen, können wir die Größenordnungen besser einschätzen. Die Staatsschulden, die ja nur die Summe der ausstehenden Staatsanleihen beschreibt, sind nur etwas größer als die Unternehmensschulden (blau) und die der Haushalte (grün). Insgesamt sind etwa fast zwei Drittel aller Schulden in den USA private Schulden und damit anfällig für Zahlungsunfähigkeit. Insbesondere ein Absinken der Immobilienpreise oder eine Reduktion der staatlichen Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen würde die Schuldenpyramide der USA ins Wanken bringen. Stärkeres Lohnwachstum hingegen, welches es in vielen Sektoren gibt, würde die finanzielle Stabilität erhöhen. Dies gilt dann, wenn die EmpfängerInnen der höheren Löhne auch die sind, welche die Haushaltsschulden haben. Da reiche Leute meist nur wenige Schulden haben, ist dies aber mehr als wahrscheinlich.

Die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung in den USA lässt vermuten, dass keine finanzielle Instabilität droht. Erst eine Veränderung der Situation könnte dazu führen, dass private Schulden zum Problem werden. In Südkorea hat gerade das dortige Legoland finanzielle Probleme und das Land hat Angst vor finanzieller Instabilität. Der Staat hingegen ist Teil der Lösung und nicht Teil der Problems. Die Zentralbank kann die Zinsen drücken und mehr Geld zur Verfügung stellen, um Engpässe be der Liquidität abzufedern. Der Staat kann durch zusätzliche Ausgaben mehr Einkommen für Unternehmen und Haushalte schaffen, was die Wahrscheinlichkeit von Zahlungsunfähigkeit im privaten Sektor reduziert. In den USA würde das genauso passieren.