Können Staatsschulden in den Bankrott führen?
In einem Text der Abendzeitung aus München geht es um die Frage, ob die Staatsschulden in Deutschland das Land in einen Bankrott führen können. Die Antwort hängt von der Gestaltung der Institutionen in der Eurozone ab, lautet aber im Wesentlichen: nein.
In dem Artikel der Abendzeitung aus München komme ich in dem folgenden Absatz zu Wort:
Fürs Abschaffen setzt sich etwa der Berliner Ökonom Dirk Ehnts ein. Er ist Experte für Staatsdefizite und Geldschöpfung. "Die Schuldenbremse ist keine ökonomisch sinnvolle Regel", sagt Ehnts der AZ. "Die Nachhaltigkeit der Staatsausgaben ist durch die Rolle der EZB gegeben, die mit ihren Ankaufprogrammen die Zahlungsfähigkeit der Bundesregierung unabhängig vom Schuldenstand sicherstellt." Schulden können demnach also nicht zum Staatsbankrott führen. Außerdem sieht er in der Regel ein demokratisches Defizit: "Das Haushaltsrecht liegt beim Parlament, eine Einschränkung der Staatsausgaben beschränkt die Macht des Parlaments."
Die Aussagen sind natürlich knapp gehalten, weil es um ein paar Zitate für eine Zeitung ging. Etwas ausführlicher würde ich ergänzen, dass die Herausgabe von Staatsanleihen in eigener Währung keine Gefahr eines Bankrotts erzeugt. Es gibt gleich mehrere Gründe, die diese Sicht stützen. Erstens gibt es kein Insolvenzrecht für Staaten, ein „Bankrott“ ist damit also schon mal ausgeschlossen. Aber auch eine „Zahlungsunfähigkeit“ des Staates erscheint sehr unwahrscheinlich, da ja die Bundesregierung auf ihre Hausbank zurückgreifen kann: Die Zentralbank. Bei uns ist das die Deutsche Bundesbank. Diese führt immer im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) dessen Zahlungen durch.
Damit das ganze keine verbotene Staatsfinanzierung darstellt, wird das Konto der Bundesregierung belastet. Durch Steuerzahlungen erhöht sich der Kontostand wieder. Bleibt ein Defizit, also eine Differenz zwischen Staatsausgaben und Steuereinnahmen, dann muss die Bundesregierung in Höhe der Differenz Staatsanleihen emittieren und diese an Banken verkaufen. Die Banken kaufen als mit dem Zentralbankgeld, welches sie durch den Überschuss der Staatsausgaben über die Steuereinnahmen erhalten haben, die zusätzlichen Staatsanleihen.
Warum sollten sie das tun? Die Staatsanleihen sind immer ein bisschen besser verzinst als die Einlagen bei der EZB, welche mit dem Einlagezins verzinst werden. Ein Ausfallrisiko kann dann ausgeschlossen werden, wenn die Zentralbank dann als Käufer von Staatsanleihen auftritt, wenn private Investoren kalte Füße bekommen. Die Ankaufprogramme der EZB sorgen also dafür, dass die Investoren die Staatsanleihen der Eurozone als risikofrei wahrnehmen, weil sie diese immer zu einem guten Preis an die EZB verkaufen können.
Von daher ist das wesentliche Argument der Schuldenbremse, für eine „nachhaltige Finanzierung der Bundesregierung“ zu sorgen, hinfällig. Diese ist jederzeit erfüllt, wenn die EZB so handelt, wie sie es seit 2012 macht. Die Schuldenbremse wurde 2009 beschlossen und 2011 eingeführt. Die Politik würde sich keinen Zacken aus der Krone brechen, wenn sie die Schuldenbremse jetzt zurücknimmt mit dem Hinweis darauf, dass nach ihrer Einführung die veränderte Rolle der EZB die Schuldenbremse überflüssig gemacht hat.