Die Steuern finanzieren nicht die Staatsausgaben
Bundesfinanzminister Christian Lindner plädiert dafür, dass wir lernen müssten, „mit den Einnahmen auszukommen, die die Bürgerinnen und Bürger uns zur Verfügung stellen“. Allerdings ist es nicht richtig, dass die Bundesregierung „Steuerzahlergeld” ausgibt. Bezahlt wird mit Geldschöpfung.
Die Idee, dass der Bundeshaushalt so funktioniert wie der Haushalt der schwäbischen Hausfrau ist ein gerne genutzter Mythos. Auch die jetzige Bundesregierung versteckt sich hinter der Irrlehre, dass Steuereinnahmen die Staatsausgaben „finanzieren” würden. Gemeint ist, dass der Staat erst Einnahmen erzielen muss, bevor er Ausgaben tätigt. Das allerdings kann aus der Sicht der Logik nicht richtig sein. Die SteuerzahlerInnen zahlen ihre Steuern in Euro, also mit staatlichem Geld. Da wir unbar zahlen, müssen unsere Banken Zentralbankguthaben bei der Bundesbank dafür nutzen. Der Euro ist ein staatliches Geld und das Monopol liegt beim Eurosystem, also bei der Europäischen Zentralbank (EZB) und den nationalen Zentralbanken (NZBs), zu denen auch die Deutsche Bundesbank gehört.
Es ist aus logischer Sicht nicht denkbar, dass die BürgerInnen Steuern zahlen, ohne dass der Staat dieses Geld vorher in Umlauf gebracht hat. Nur der Staat kann ja Geld schöpfen, wobei er dieses Monopol an seine Zentralbank delegiert. Bevor Steuern gezahlt werden können, müssen also irgendwie die Guthaben der Banken bei der Zentralbank erhöht worden sein. Dies wäre dann der Fall, wenn der Staat Geld ausgibt oder wenn die Zentralbank der Bank Reserven leiht oder der Bank ein Asset abkauft (QE, PEPP, etc.).
Während Staatsausgaben dazu führen, dass die Bundesbank ein Konto einer Bank erhöht (und das Konto der Bundesregierung belastet, welches dann üblicherweise negativ wird), führen Steuerzahlungen dann dazu, dass die Menge an Reserven der Banken entsprechend reduziert wird (und das Konto der Bundesregierung dann weniger negativ ist oder sogar positiv). Da es kein Limit gibt für die „Überziehungen” des Zentralkontos des Bundes kann nicht davon gesprochen werden, dass Steuerzahlungen irgendwie die Staatsausgaben begrenzen. Die Bundesbank finanziert übrigens nach den Regeln der Eurozone die Bundesregierung nicht, weil diese am Ende des Tages ihr Konto auf Null bringen muss. Das tut sie durch den Verkauf von Staatsanleihen.
Auch empirisch wird diese Sicht auf das Geldsystem bestätigt. Jedes Jahr mit einem staatlichen Defizit war ein Jahr, in dem die Staatsausgaben über den Steuereinnahmen lagen. Die Abbildung oben zeigt deutlich, dass über die Jahrzehnte dieser Zustand normal war. Auch die Sondervermögen aus 2022 für Bundeswehr (100 Mrd. €) und Gaspreisbremse (200 Mrd. €) haben deutlich gezeigt, dass Geld da ist, wenn der politische Wille da ist. Natürlich ist es eine politische Entscheidung der Bundesregierung, die Schuldenbremse wiedereinzusetzen. Sie hätte auch den Klimanotstand oder den Ukrainekrieg oder die Folgen der Pandemie und der Energiepreisinflation als Begründung(en) für ein weiteres Aussetzen nutzen können. Das wollte sie aber anscheinend nicht.
Die SPD ist nun in Umfragen hinter die AfD auf Platz 3 zurückgefallen. Nach den hohen Reallohnverlusten gerade der unteren Einkommen wird der Haushalt 2024 die wirtschaftliche Lage weiter verschlimmern. Wir befinden uns bereits in Deutschland in der Rezession. Jetzt die staatlichen Ausgaben zu kürzen und somit private Einkommen und Gewinne zu reduzieren, wobei auch noch Arbeitsplätze vernichtet werden, erscheint nicht als wirtschaftspolitisch sinnvolle Strategie. In allen Makroökonomik-Lehrbüchern steht, dass in einer Rezession der Staat die Staatsausgaben erhöhen und nicht reduzieren soll. Die Argumente des Bundesfinanzministers überzeugen nicht.