Deutschland überholt Japan – Über Wechselkurse und das BIP

06.11.2023

Plötzlich sei Deutschland die drittgrößte Wirtschaftsnation, titelte Die Welt. Wie ist der kranke Mann Europas (The Economist) nur am japanischen Nullzinsstaat vorbeigekommen? Eine Antwort geben die Wechselkurse und nur sie.

Deutschland überholt Japan bei der Wirtschaftskraft – aber nur gemessen in US-Dollar. Es ist also nicht wirklich etwas passiert, außer dass sich die Wechselkurse etwas verschoben haben. Die Deutschen sind aber nicht reicher als die Japaner als noch vor einem Jahr oder ein paar Jahren. Der Knackpunkt an diesem Vergleich der „Wirtschaftskraft“ ist der, dass das Bruttoinlandsprodukt jeweils in US-Dollar gemessen wurde. Die Abwertung des japanischen Yen ist also ursächlich für den „Aufstieg“ Deutschlands. Statt erfolgreicher Kürzungspolitik ist die erfolgreiche Wirtschaftspolitik Japans der Auslöser. Die Abbildung unten zeigt deutlich, dass der Yen (blau) jüngst stark gegenüber dem Dollar abgewertet hat. Statt 110 Yen pro Dollar sind wir nun bei fast 150 Yen pro Dollar. Damit sinkt das japanischen BIP gemessen in USD um etwa ein Drittel. Der Euro (rot) hingegen war zuletzt stabil gegen den Dollar.

Auf der realwirtschaftlichen Ebene ist hingegen nicht viel passiert. Das reale BIP von Deutschland und Japan hat sich ähnlich entwickelt, jüngst überflügelten die japanischen Wachstumszahlen den deutschen. Japan ist also besser aus der Krise gekommen als Deutschland, nur ist der Wechselkurs gegen den Dollar gesunken. Das sollte aber für ein Land wie Japan, welches ebenso exportfreudig ist wie Deutschland, eher eine Ermunterung sein, den Export hochzufahren.

Die Welt treibt hier eine Sau durchs Dorf, die schon ein paar Wochen alt ist. Bloomberg berichtete darüber schon vor zwei Wochen, mit dem Hinweis auf den schwachen Yen schon in der Schlagzeile. Seriöse Berichterstattung über Wirtschaft sieht anders aus. Anscheinend wurden dringend positive Schlagzeilen benötigt, um von der desaströsen Wirtschaftspolitik abzulenken. Kein anderes Industrieland hat wie Deutschland die Staatsausgaben gekürzt als Antwort auf die Energiepreisinflation. Die Bundesregierung wäre gut beraten, ihren Kurs zu korrigieren.