Braucht der Staat Geld für Klimainvestitionen?

20.01.2023

Diese Woche findet das World Economic Forum statt. In einem Beitrag heißt es, dass die Staaten nicht genügend Geld zur Finanzierung von grünen Investitionen hätten. Stimmt das?

Unter dem Titel „The public sector can't finance net zero alone. Here's how it can scale climate investment“ wurde ein Artikel beim Weltwirtschaftsforum publiziert, in dem unter anderem behauptet wird, „die Finanzmittel des öffentlichen Sektors reichen nicht aus, um die geschätzten 4 bis 6 Billionen Dollar pro Jahr zu decken, die für eine globale Netto-Nulltransformation erforderlich sind”. Stimmt das? Können die Staaten zusätzliche Ausgaben von 4-6 Billionen Dollar nicht stemmen?

Um diese Frage beantworten zu können müssen wir das Geldsystem diskutieren. Wir können aber vorher schon einen Blick in die Empirie wagen. Die USA sind der Schöpfer des Dollars, nur die Zentralbank - das Federal Reserve System - darf US-Dollars schöpfen. (Guthaben in Banken, welche in US-Dollar denominiert sind, darf übrigens jede Bank erzeugen, sofern es ihr nicht verboten ist. Allerdings kann damit nicht gezahlt werden). Die Bundesregierung der USA genehmigte Ende 2022 ein neues Ausgabenprogramm in Höhe von 1,7 Billionen Dollar, wie CNN berichtete. Das wäre immerhin schon mal ein Viertel bis ein Drittel der benötigten 4-6 Billionen. Es ist also nicht so unwahrscheinlich, dass die Bundesregierung der USA alleine die 4-6 Billionen Dollar pro Jahr erzeugen kann, welche für die globale netto-Nulltransformation erforderlich sind.

Wie also gibt eine Bundesregierung Geld aus? Heute besteht staatliches Geld im wesentlichen aus digitalen Einträgen im Computer. Die Zentralbank verwaltet dabei das Kontensystem, an das sowohl der Staat wie auch die Banken angeschlossen sind. Haushalte und Unternehmen hingegen bleiben außen vor - sie haben kein Konto bei der Zentralbank. (Wenn sie eines hätten, dann wäre das digitales Zentralbankgeld.) Gibt die deutsche Bundesregierung 100 Euro aus, dann erhöht die Bundesbank im Auftrag des Bundesfinanzministeriums den Kontostand der Bank des Empfängers. Diese wiederum erhöht den Kontostand des Empfängers in der eigenen Buchhaltung. So werden 100 Euro geschöpft durch Staatsausgaben.

Da die Regeln der Eurozone dies vorschreiben, wird das Konto der Bundesregierung bei der Zentralbank belastet. Es muss am Ende des Geschäftstages ausgeglichen sein (mindestens null), da die Bundesbank die Staatsausgaben nicht finanzieren darf. Das Konto ist allerdings eh nur ein Verrechnungskonto, da es sich bei Euros um Schuldscheine des Staates handelt. Wir können damit Zahlungen an den Staat leisten, z. B. für Steuern. Der Staat kann das nicht - er zahlt nicht sich selbst. Also ist das Guthaben auf dem Konto der Bundesregierung kein Geld, sondern nur eine Art Punktestand. Allerdings ist dieser wichtig, denn die Bundesbank darf nur Geld für die Bundesregierung schöpfen, solange der Punktestand positiv ist. 

Durch Steuereinnahmen und Einnahmen aus den Verkäufen von Staatsanleihen wird das Konto erhöht. Steuerzahlungen hängen von der Wirtschaftslage ab und darauf hat der Staat zumindest sehr kurzfristig keinen Einfluss. Also sind die Einnahmen aus dem Verkauf von Staatsanleihen wichtig. Kann der Staat unendlich viele Staatsanleihen verkaufen, wird ihm das Geld nie ausgehen! Durch die Nachfrage nach Staatsanleihen der EZB kann dies ermöglicht werden. Diese bezahlt ihrerseits mit Geldschöpfung, wenn sie Staatsanleihen kauft: das Guthaben der verkaufenden Bank bei der Bundesbank wird erhöht, die Staatsanleihe wechselt den Besitzer.

Der Staat, vertreten durch die Bundesregierung, kann also auch die 4-6 Billionen US-Dollar ausgeben, die für die Transformation angeblich nötig wären. Das Problem ist nicht das Geld - das Problem sind die Ressourcen. Wenn wir in Deutschland 100.000 Arbeitskräfte abstellen müssen für einen Green New Deal, dann fehlen diese anderswo. Sie können dann keine Konsum- oder Kapitalgüter für Haushalte und Unternehmen herstellen. Das sind die wahren Kosten der Transformation - und nicht das Geld, was wir problemlos erzeugen können.

Weitere Details zur Geldschöpfung in Deutschland habe ich in meinem Buch „Geld und Kredit: eine €-päische Perspektive” niedergeschrieben. (https://t1p.de/ ist ein Linkverkürzer ohne Malware oder andere Probleme. Leider ist ein direkter Link zum Verlag nicht möglich, da dieser ein €-Zeichen enthält.)