BBC-Journalist erklärt das englische Geldsystem

17.10.2022

Der britische BBC-Journalist Andy Verity erklärte in einer Serie von Tweets die Funktionsweise des englischen Geldsystems. Entgegen der landläufigen Meinung, dass der Staat "Steuerzahlergeld" ausgibt und wie eine schwäbische Hausfrau handeln sollte, ist eine Bundesregierung über die Zentralbank Schöpfer der Währung. Über seine Ausgaben erzeugt er neues Geld, Steuerzahlungen führen zur Vernichtung dieses Geldes und sorgen nicht für eine "Finanzierung" zukünftiger Staatsausgaben.

Das britische Pfund ist in den letzten Wochen um etwa 25 Prozent abgestürzt (siehe Abbildung unten). Die Meinungen über die Hintergründe gehen stark auseinander. Die SZ sieht Probleme bei der Finanzierung von Steuersenkungen, die FT fragt offen, ob Zentralbanken pleite gehen können und Bloomberg berichtete jüngst vom Abzug der "Hohepriester" von Trussonomics, einer Totgeburt des trickle-down-growth Wirtschaftsmodells. Jede Menge seltsame Dinge wurden behauptet, von denen sich vieles widerspricht.

Der BBC-Wirtschaftsjournalist Andy Verity brachte jüngst mit ein paar Tweets etwas Licht ins Dunkel:

Übersetzt ins Deutsche schreibt er:

Bei den öffentlichen Finanzen gibt es keinen "Fonds". Die Steuern fließen nicht auf ein mystisches Konto, das dann für den staatlichen Gesundheitsdienst oder die Gehälter der Lehrer ausgegeben wird. Das Geld wird auf Anweisung des Parlaments ausgegeben und dann wieder aus der Wirtschaft abgezogen.

Diese Sicht der Dinge halte ich für korrekt. Die Ausgaben des Staates werden durch die Zentralbank getätigt, hier durch die Bank of England. Diese bezahlt mit Geldschöpfung. Die Konten der Banken bei der Zentralbank werden also durch diese erhöht, wenn der Staat Geld ausgibt. Das ist alles. Es gibt keine "Finanzierung" - der Staat schöpft über seine Zentralbank immer neues Geld, wenn er Ausgaben tätigt. Steuerzahlungen führen dann dazu, dass das staatliche Geld wieder zu ihm zurückfließt.

Im Wesentlichen handelt es sich bei staatlichem Geld also aus unserer Sicht um Steuergutschriften, mit denen wir unsere Steuerverbindlichkeiten tilgen können. Aus der Sicht des Staates hingegen ist das Geldsystem ein Instrument, um Ressourcen an sich zu ziehen, damit der Staat seine Aufgaben erledigen kann.

Natürlich kann eine Regierung durch schlechte Wirtschaftspolitik großen Schaden anrichten. Nur weil wir das Geldsystem nun (anders) verstehen heißt das ja nicht automatisch, dass keine Fehler mehr gemacht werden. Zudem wird die englische Regierung der Tories ja nicht von Menschen beraten, die MMT bestanden haben, sondern von konservativen Think Tanks. Der Plan, Einkommen und Vermögen von unten nach oben umzuverteilen, führte natürlich schnell zu der Einsicht, dass sich in Großbritannien nicht mehr viel Geld verdienen lässt. Wenn die Massen an Kaufkraft verlieren, wird die Realwirtschaft weniger absetzen. Damit werden auch die Gewinne zurückgehen und das ist für internationale InvestorInnen nicht sehr attraktiv. Wie man es besser macht, zeigt Joe Biden, dessen großes Konjunkturprogramm die US-Wirtschaft aus der Pandemie gezogen hat. Folge: höhere Staatsausgaben in den USA führen zu einem stärkeren Dollar. Das Pfund hingegen hat etwa 25 Prozent seines Werts in US-Dollar in den letzten Wochen verloren:

Die englische Regierung wäre gut beraten, wenn sie Wirtschaftspolitik betreiben würde, die der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger zugutekommt. Es wäre ja noch schöner, wenn eine Regierung über Steuerkürzung für die Superreichen einfach deren Einkommen erhöhen könnte, ohne dass der Wechselkurs abstürzt. Wenn das funktionieren würde, hätten es andere Regierungen sicherlich schon längst genauso gemacht.

Damit Geld eine hohe Kaufkraft hat, braucht es eine leistungsfähige Wirtschaft. Daran erinnert uns die englische Episode der letzten Wochen.