Autonomie und Globalisierung

16.01.2023

Mit „Autonomie“ wird das Recht eines Staates, einer Gruppe oder einzelner Menschen bezeichnet, die eigenen Verhältnisse selbst zu regeln. Im Bereich der Arzneimittelversorgung muss Deutschland wieder autonom werden. Andernfalls drohen unschöne Konsequenzen.

In einem Artikel in der Frankfurter Rundschau wurde jüngst über „Todbringende Medikamente“ (Überschrift) berichtet. Es wird bemängelt, dass Medikamente fast ausschließlich in Billiglohnländern produziert würden. Aktuell wird dies wieder sichtbar, weil z.B. fast kein Hustensaft für Kinder mehr verfügbar ist. Die FR schreibt:

„In Europa findet keine nennenswerte Arzneimittelproduktion mehr statt. In Deutschland wird kein einziges Antibiotikum mehr hergestellt, seit Sandoz im Jahr 2015 seine letzte Fabrik in Frankfurt-Höchst geschlossen hat. Auf unseren Medikamentenschachteln steht trotzdem "Made in Germany". In der Packungsbeilage muss nur das Land genannt werden, in dem der letzte Produktionsschritt vollzogen wurde. Im Fall von Arzneimitteln ist das die Kontrolle und Verpackung. "Made in Germany" ist also nichts weiter als eine Irreführung.“

Besonders bitter ist die Tatsache, dass Medikamente auch gerne mal gepantscht werden, was u.a. zu Dutzenden toten Kindern geführt hat, wie der Artikel weiter ausführt. Die mangelnde Regulierung zusammen mit Profitgier ist wohl Schuld daran. Zudem werden Umwelt- und Hygienestandards nicht eingehalten, was dazu führen könnte, dass viele Medikamente irgendwann nicht mehr wirksam sein werden.

Im Dezember 2022 hat zudem China noch erklärt, dass sie ibuprofen und paracetamol nicht mehr exportieren werden, weil die Covid 19-Pandemie das Land gerade im Griff hat. Eine Abhängigkeit der deutschen Arzneimittelversorgung von Unternehmen aus China ist keine gute Idee. An dieser Stelle wird klar, dass die Globalisierung gescheitert ist. Wenn PolitikerInnen nur auf die Kosten gucken und sich für Abhängigkeit und Politik kein bisschen interessieren, dann sind sie verantwortlich für die Probleme bei der Arzneimittelversorgung. Ähnlich wie auch im Bereich der Energie wird klar, dass die westliche Politik hier naiv gehandelt hat. 

Autonomie ist dabei von Autarkie zu unterscheiden. Bei der Autonomie geht es um das Regeln der eigenen Verhältnisse, bei der Autarkie um die Abschottung vom Ausland. Deutschland kann beispielsweise weiterhin Sonnenbrillen von Ray Ban aus China importieren. Dies ist mit der Autonomie kompatibel, denn es gibt noch viele andere Marken bei Sonnenbrillen. Autarkie würde bedeuten, sich komplett vom Ausland abzuschotten. Das jedoch ist keine gute Idee. Gerade ein Industriestandort wie Deutschland ist davon abhängig, dass in den Fabriken große Stückzahlen gefertigt werden, denn nur so sind geringe Preise möglich. 

Die Wirtschaftspolitik sollte den Punkt Autonomie mit in das Vokabular aufnehmen. Die Abhängigkeit im Bereich der Energie war nur die Spitze des Eisbergs. Auch die sozial-ökologische Transformation erfordert, dass wir unsere Verhältnisse regeln. Es wäre bedauerlich, wenn wir feststellen würden, dass wir das nicht können, weil uns der Zugriff auf Technologie, Maschinen, Güter oder Know-how fehlt aufgrund einer verfehlten Wirtschaftspolitik der letzten Jahrzehnte.